Von Christoph Riedel

Sogenannte „Nacktkatzen“ sind in den letzten Jahren in den Fokus von Amtstierärzten und selbsternannten „Tierschützern“ geraten.
Liebhaber dieser Katzen verstehen dieses Vorgehen nicht und bilden dagegen Widerstand.

Bevor ich genauer auf die Problematik eingehe, wollte ich erwähnen, dass schon die Bezeichnung „Nacktkatze“ an sich unkorrekt ist, da „nackt“ unbekleidet bedeutet und dies auf dann alle feliden Artgenossen zutreffe. Aus diesem Grunde spreche ich lieber von unbehaarten/spärlich behaarten Katzen, zumal wenn Katzen mit Kleidungsstücken seitens ihrer Besitzer versehen werden, dann gerade diese Varietäten.

Durch die Presse ging vor allem das Gerichtsurteil des Berliner Verwaltungsgerichtes, das auf Forderung des Spandauer Veterinäramtes verfügte, dass der Canadian Sphynx-Kater „Willi“ kastriert werden sollte. Dadurch, dass ich genau in diesem Gebiet meinen Wohnsitz habe, habe ich enge Bezugspunkte zu diesem Urteil.

Zunächst einmal möchte ich kurz auf unser Rechtssystem hinweisen, in dem jemand solange als unschuldig gilt, solange ihm keine Schuld nachgewiesen wird. Leider wird dieser Grundsatz seit einiger Zeit von einigen Amtstierärzten/„Tierschützern“ vorsätzlich untergraben, da hier ohne wissenschaftliche Untersuchungen Behauptungen aufgestellt werden, die von vielen dann als Tatsachen angesehen werden. Dies führt unweigerlich zu einer verfälschten Beweislast, da der Amtsveterinär häufig die Meinung vertritt, nicht er müsse die „Schuld beweisen“, sondern der Liebhaber die „Unschuld“.
Auch wenn dieses Vorgehen keinesfalls mit meinem Rechtsverständnis vereinbar ist, werde ich die Argumente aufgreifen und diskutieren.

Häufig gibt es vier „Tatvorwürfe“:


1. Tatvorwurf – Tiere bekämen stets Sonnenbrand und/oder würden ständig frieren (siehe hierzu unsere Erläuterungen in Punkt 1)
2. Tatvorwurf – Tiere hätten keine Wimpern (siehe Punkt 2)
3. Tatvorwurf – Tiere hätten keine Vibrissen (siehe Punkt 3)
4. Tatvorwurf – Tiere können in freier Natur nicht überleben (siehe Punkt 4)


Als letzten Punkt erlauben Sie mir, kurz diese Tatvorwürfe zusammenzufassen:
5. Resümee.


1. Ausführungen zum Tatvorwurf „Tiere bekämen stets Sonnenbrand und/oder würden ständig frieren“:


Wenn man das Internet durchstöbert, liest man häufig, dass unbehaarte Katzen sehr häufig frieren würden oder einen Sonnenbrand bekämen. Stimmt dies aber auch? Wenn man sich diese Artikel ansieht, dann bemerkt man schnell, dass diese Aussagen hauptsächlich von Personen stammen, die selbst gar keine unbehaarten Katzen besitzen – häufig noch nie persönlich welche gesehen haben. Den Wahrheitsgehalt dieser Publikationen darf man anzweifeln.
Wesentlich seriöser sind hier die Aussagen des Tierarztes Dr. M. Newkirk [„All About Hairless Dog and Cat Breeds“], der berichtet, dass Aktinodermatitis bei hellen haarlosen Katzen an den Ohrenrändern, dem Nasenspiegel und der Lippen auftritt. Wenn man dies mit den Ausführungen der Veterinärin Dr. R. MacPete [„Protect Your Pet From The Sun!“] vergleicht, dann behauptet sie das gleiche bei Katzen mit Fell. Mit anderen Worten, das Risiko eines Sonnenbrandes nicht von der Felllänge abhängig, sondern von der Pigmentierung der Haut. Denn hauptsächlich treten Sonnenbrände nur bei hellpigmentierten Katzen an den o. g. Stellen auf – sowohl bei kurzhaarigen, langhaarigen oder unbehaarten Tieren. Bei dunkel pigmentieren Tieren ist dieses Risiko als vernachlässigbar klein anzusehen.
Mit anderen Worten, ist das Problem „Sonnenbrand“ nicht von der Felllänge abhängig, sondern von der Pigmentierung an den Ohren und der Mundpartie samt Nasenspiegel.
Aus keinem wissenschaftlichen Gutachten geht hervor, dass haarlose Katzen frieren würden [siehe hierzu auch Dr. W.-D. Schmidt: Gutachten zum §11b TierSchG „Qualzucht“ bei Sphinx-Katzen vom 24.09.2001]. Haarlose Katzen haben einen höheren Energieumsatz, und die Haut ist stärker durchblutet. Dass die Haut stärker durchblutet wird und damit äußerlich eine höhere Temperatur herrscht, beschreiben O. & A. Cheberuk [„Sphynx Cats – Keep and Care“] und K. Fawcett [„11 Not-So-Fluffy Facts About Sphynx Cats“]. Nirgends gibt es wissenschaftliche Hinweise auf frierende Katzen.
Abgesehen davon, gibt es unterschiedliche Ausführungen. Speziell bei den Rassen Don Sphynx und Peterbald beschreibt eine spärlich behaarte, nahezu haarlose Katzenrasse. Sie haben verschiedene Felllängen. Sie werden je nach Beschaffenheit der Haare in den Varietäten „bald/Gummi“, „velour“, „flock“, „brush“ und in „straight“ unterschieden [siehe Ch. Riedel: „Rassekatzen – klasse Katzen“, Books on Demand, ISBN 9-783735-774897].
Da es bei Peterbalds eine Kreuzung zwischen Siamesen, Balinesen, Orientalisch Kurzhaar und Orientalisch Halblanghaar (Mandarin oder Javanese) erlaubt ist, ist es auch nicht erstaunlich, dass zwei Peterbald-Eltern einen Wurf mit Balinesen/Mandarin aufziehen können.
Die komplett mit Haarkleid versehenden Kinder dieser Peterbald-Eltern werden häufig als Peterbald straight registriert, sie tragen allerdings kein Allel der Haarlosigkeit, entsprechen also phänotypisch und genotypisch ihren behaaren Varietäten.
Allein der Tatvorwurf „Haarlosigkeit“ widerspreche dem Deutschen Tierschutzgesetz, ist falsch.
In dem vom deutschen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMLEV) in Auftrag gegebene „Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes (Verbot von Qualzüchtungen)“ steht, dass ein Zuchtverbot für Katzen zu empfehlen ist, bei denen die Tasthaare fehlen.
Auch das rechtskräftige Urteil des VG Berlin vom 23.09.2015 (Aktenzeichen 24 K 202.14), in dem ein Sachverständigengutachten erhoben wurde zur Entscheidungshilfe, wird ausschließlich das Fehlen der Tasthaare bemängelt, dies und allein dieser Sachverhalt hatte auch maßgeblichen Einfluss auf die Urteilsbegründung.
Auch auf Anfrage des Buchautors M. Skupin [„Sphynxbuch – Anfrage an die Bundesländer“], sowie der Online-Bloggerin Frau B. Kuhlmey [ „Nacktkatzen-Zucht – Qualzucht? Wo sind die Grenzen im Zucht-Geschäft?“] an deutsche Bundesländer, inwieweit es erlaubt sei, haarlose Katzen zu züchten oder ob es nun spezielle Vorgaben gebe, gab es keine weiteren Auflagen, als das Qualzucht-Gutachten auch schon beschrieb.
Aus dem Bundesland Bayern gab es folgende Aussage: „Ein Verbot bestimmter, ausdrücklich genannter Rassen sieht das Tierschutzgesetz nicht vor.“
Die Antwort Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) auf M. Skupins Frage [Skupin, M.: „Haarlose Feliden – Welt der Katzen Edition “, Books on Demand, ISBN 9-783848-224494] hin war: „[…] ein Verbot der Züchtung von Tieren bestehen kann, wenn Tasthaare fehlen!“
Mit anderen Worten: die Haarlosigkeit von Katzen alleine ist für ein mögliches Zuchtverbot nicht relevant!

2. Ausführungen zum Tatvorwurf „Tiere hätten keine Wimpern“:

Diese Frage stellt sich einem nach intensiven Recherchen: „Haben Katzen überhaupt Wimpern?“ Im Internet findet man schnell die Aussage, dass lediglich einige, wenige Katzen Wimpern besitzen.
Laut Prof. D. T. Ramsey [“Conditions of the Eyelid and Ocular Adnexa in Dogs und Cats”, Michigan State University] findet man folgende Aussage: „Hunde besitzen Wimpern an den oberen Augenlidern, Katzen jedoch keine, weder am oberen noch unteren Lid.“
Die gleiche Aussage findet man auch im Buch von D. Maags [mit ‎P. Miller & ‎R. Ofri: „Slatter’s Fundamentals of Veterinary Ophthalmology Cilia Cat”, Elsevier, St. Louis, Missouri 2013, ISBN 978-1-4377-2367-0], was auch auf dem Seminar von dem Augenspezialisten Herrn M. Werhahn Beining von der Augenheilkunde beim Kleintier, GP Cert Ophthal [Seminar „Augenerkrankungen, Diagnostik und Therapie“ am 18.11.2015 an der Kleintierklinik Hannover] berichtet wurde.
Auf schriftlicher Nachfrage der ersten Vereinsvorsitzenden der Katzenfreunde Norddeutschland e. V. wurde diese Aussage von Herrn Werhahn Bening per E-Mail vom 05.02.2017 schriftlich bestätigt, dass Katzen keine Wimpern haben; er schreibt: „Demnach müssten doch alle Katzen ausgeschlossen werden – sie haben einfach keine Wimpern. Ich persönlich denke, wenn das Fehlen der wenigen Haare am Oberlid zu erhöhten Augenschäden führen würden, hätten wir sie häufiger in der Klinik gesehen – was nicht der Fall war.“
Interessanterweise findet man auch im Sachverständigengutachten im Rahmen des VG Berlin (Aktenzeichen 24 K 202.14) keinen Hinweis auf Wimpern. Gleiches gilt auch im Gutachten von Herrn Dr. Schmidt, in dem zwar die Größe und Stellung der Augen beschrieben werden, die Wimpern aber keinerlei Erwähnung finden [Dr. Schmidt, W.-D.: Gutachten zum §11b TierSchG „Qualzucht“ bei Sphinx-Katzen vom 24.09.2001].
Da es auch im Gutachten zur Auslegung von §11b des deutschen TierSchG keine Auflagen bezüglich Wimpern gibt – weder im allgemeinen Teil, noch im speziellen Teil („Katzen“) – gehen wir von einer Verbreitung von Fehlinformationen aus – oder die Frage der Wimpern spielt bei der Katze keine große Rolle, da das dritte Augenlid, eine wichtige Schutzfunktion des Auges übernimmt.
Die Anatomie des Menschen kann man nicht ohne weiteres auf Katzen übertragen.

3. Ausführungen zum Tatvorwurf „Tiere hätten keine Vibrissen“:

Die Tasthaare sind an den Haarwurzeln, die dreimal tiefer in die Haut liegen als normale Haarwurzeln, mit zahlreichen Nerven verbunden, von denen die Signale ans Gehirn der Katze weitergeleitet werden. Die Haarwurzeln reichen bei den Sinushaaren meist bis in die tiefste Schicht des Unterhautgewebes, teilweise bis in die darunter liegende Muskelschicht [siehe M. Skupin: „Sphynx – Die nackte Wahrheit – Welt der Katzen Edition“, Books on Demand, ISBN 978-373224-5352].
Die Anzahl der sichtbaren Vibrissen sowie deren Länge/Dichte variieren laut F. Rice [mit F. L. & B. L. Munger: „A Comparative Light Microscopic Analysis of the Sensory Innervation of the Mystacial Pad. / II. The Common Fur beetween the Vibrissae”] bei nahezu allen Katzenrassen, zumal die im Haushalt lebenden Katzen sich doch recht unterschiedlich entwickelt haben gegenüber der „Stammväter“ Felis silvestris lybica und Felis silvestris silvestris, „ohne dass diese Veränderungen als Qual oder Leiden bezeichnet werden“ können [siehe Dr. W.-D. Schmidt: Gutachten zum §11b TierSchG „Qualzucht“ bei Sphinx-Katzen vom 24.09.2001].
Laut Erhard [„Pathomorphologische Charakterisierung der neuen hypotrichen Mausmutante“] gibt es keine medizinische Hinweise, dass die Vibrissen nicht oder nur ungenügend funktionstüchtig seien, wenn eine gewisse Länge der äußeren Tasthaare unterschritten werde. Ähnliche Aussagen erhalten Sie auch von R. L. Reep [mit M. L. Stoll, C. D. Marshall, B. L. Homer & D. A. Samuelson: „Microanatomy of Facial Vibressae in the Florida Manatee: The Basis for Spezialized Sensory Function and Oripulation”] und S. Günther [„Die Tasthaare von Ratte und Maus oder wie fühlt sich die Welt an?“].
Wie oben bereits erwähnt, sind die Tasthaare mit den Haarwurzeln und den Nerven verbunden. In wie weit eine Störung und Fehlbildung unterhalb der Vibrissenkissen vorliegt, ist mit bloßem Augen nicht nachvollziehbar und kann so nicht bewiesen werden.
Vorgaben, die eine Mindestlänge der sichtbaren Tasthaare (äußere Tasthaare) einfordern, sind weder aus dem deutschen TierSchG, dem „Qualzucht-Gutachten“ oder sonstigen Veröffentlichungen (Gutachten, Gerichtsurteile usw.) her leitbar.
Auch im Sachverständigengutachten im Prozess am VG Berlin (Aktenzeichen 24 K 202.14) finden sich keine Angaben, wie lang die äußeren Tasthaaren sein sollten.
Züchter im Bereich Hessen haben laut Aussage von der Tierschutzbeauftragten Frau Dr. Martin eine Nachweispflicht von mindestens 1 mm Länge. Frau Dr. Martin wird als die deutsche „Expertin und treibende Kraft in Sachen Qualzucht“ – nicht nur in Deutschland, sondern zeitweise auch in Brüssel – tituliert [Zitat von D. Krowas, https://www.darksphynx.de/thema-tasthaare/].
An dieser Stelle sei anzumerken, dass laut Erhard [ „Pathomorphologische Charakterisierung der neuen hypotrichen Mausmutante“] auch bei Mäusen eine Funktion ihrer Tasthaare gewährleistet ist, wenn diese gekräuselt oder kurz sind.
Hierzu ist besonders zu erwähnen, dass die Erforschung der Vibrissen noch nicht abgeschlossen sind, gemäß Prof. T. Prescott [mit Dr. B. Mitchinson & Dr. R. Grant: „Vibrissal behavior and function“] ist bisher nur wenig über die eigentliche Funktionsweise der Vibrissen bekannt.
Herr Dr. W.-D. Schmidt [Gutachten zum §11b TierSchG „Qualzucht“ bei Sphinx-Katzen vom 24.09.2001] erwähnt, dass die Sinnesorgane der Katzen noch nicht ausreichend genug neurologisch untersucht seien und dass die Sinushaare (Vibrissen) bei Katzen lediglich für Engpässe von Bedeutung seien, nicht aber für die Orientierung in der Dunkelheit.
Es gibt auch Aussagen, dass das mütterliche Abknabbern der Vibrissen bei Jungtieren als verhaltens-gestört angesehen wird. Diese Aussage steht im Widerspruch zu J. Dehasse & S. Schroll [ „Verhaltensmedizin bei der Katze: Leitsymptome, Diagnostik, Therapie und Prävention“, Thieme Verlag, ISBN 978-3-8304-1294-6], die sagen: „Manche Katzenmütter oder auch sehr soziale Katzen beißen ihren Kitten oder Partnern […] die steiferen Tasthaare ab.“
Herr Dr. W.-D. Schmidt [„Verhaltenstherapie der Katze“, Schlütersche Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-87706-891-5] bezeichnet dieses Verhalten alles als andere als „verhaltensgestört“, sondern explizit als: „normales Verhalten.“
Nicht nur viele Katzenmütter beißen übrigens dem Nachwuchs die äußeren Schnurrhaare ab, um sie ein wenig in ihrem „Bewegungsdrang“ zu bremsen, dieses Phänomen beobachtet man auch bei anderen Säugetieren (wie z. B. Mäusen Meerschweinchen, Hasen). Laut A. Barth [„Carnegie Mellon University Rearch Shows How Sensory-Deprived Brain Compensates”] wurde bewiesen, dass das Fehlen von äußeren Tasthaaren auf der neurologischen Ebene im Gehirn rasch kompensiert werden konnte und ergänzende Neuronenverbindungen gebildet wurden: „Die Zellen hatten das Fehlen der Vibrissen im überraschendem Ausmaß kompensiert.“
Des Weiteren sind Aussagen zur Bedeutung der Vibrissen bei der Feststellung der Nahrungsbeschaffenheit sowie Sozialverhalten ohne entsprechende wissenschaftliche Experimente nicht haltbar (siehe Dr. G. Dehnhardt [„Gutachten zur Bedeutung des Scherens der Vibrissen beim Pudel“].

4. Ausführungen zum Tatvorwurf „Tiere könnten in freier Natur nicht überleben“:

Genau mit diesen Vorurteilen haben Liebhaber/Züchter von ungewöhnlichen Tieren zu kämpfen. Beispielsweise wird bestimmten Arten unterstellt, dass diese in freier Natur gar nicht überlebensfähig seien. Gerade bei Rassekatzen wird dabei häufig vergessen, dass die Felis silvestris catus niemals in freier Natur gelebt hatte. Hauskatzen sind keine eingefangenen Wildtiere, sondern Haustiere, die sich stets im menschlichen Umfeld bewegten. Sie entstammen von den „Stammvätern“ Felis silvestris lybica und Felis silvestris silvestris, die sich anders als diese entwickelt haben, ohne dass diese Veränderungen als Qual oder Leiden bezeichnet werden können [Dr. Schmidt, W.-D.: Gutachten zum §11b TierSchG „Qualzucht“ bei Sphinx-Katzen vom 24.09.2001].
Anscheinend werden hier europäische Wildkatzen mit verwilderten Hauskatzen verwechselt!
Die Frage ist also nicht, ob unbehaarte Katzen in Europa in freier Natur überleben könnten, sondern ob es irgendwo anders Gegenden gibt, in denen diese Katzen gelebt hatten. Tatsächlich wurden nicht nur kurzhaarige, sondern im Jahre 1921 auch haarlose mumifizierte Katzen aus dem alten Ägypten gefunden. Auch wenn es Skeptiker gibt, die meinen, dass bei Mumien die Haare in jedem Falle ausfallen, so ist es schon verwunderlich, dass dort im Gegensatz zu anderen Katzenmumien keine Haare in der nächsten Umgebung gefunden wurden und dennoch die vorhandenen Tasthaare fest verwachsen waren [siehe M. Skupin: „Sphynx – Die nackte Wahrheit – Welt der Katzen Edition“, Books on Demand, ISBN 978-373224-5352]. Dies kann man hinreichendes Indiz für die Existenz von haarlosen Katzen im alten Ägypten ansehen.
Auch in den lateinamerikanischen Ländern gibt es Überlieferungen, die auf die Existenz von haarlosen Katzen im 13./14. Jahrhundert schließen lassen. Einen wirklichen Beweis hat man für diese Theorie bis heute jedoch nicht erbringen können.
Da aber auch andere haarlose/spärlich behaarte Säugetiere in Gegenden mit diesen klimatischen Bedingungen vorkommen, macht eine ehemalige Existenz von haarlosen Katzen im äquatornahen Gebiet nicht unwahrscheinlicher.

5. Resümee:

Wenn man die vier genannten Tatvorwürfe betrachtet, muss man feststellen, dass kein Tatvorwurf wissenschaftlichen Untersuchungen standhält. Man kann hier wohl von der Verbreitung von unbegründeten Vorurteilen ausgehen.
Gegen Vorurteile – oder „unbewusste Voreingenommenheit“, wie man es fachspezifisch nennt – ist niemand gefeit. Aufgrund der Vielzahl an Informationen, die jederzeit auf uns einströmen, ist es wichtig, diese Daten zu selektieren. Dieses reaktionsschnelle Verhalten hat den Menschen im Laufe der Zeit vor dem Aussterben beschützt. Doch heutzutage muss sich der Mensch normalerweise nicht der Wildnis stellen und ums Überleben kämpfen, sondern faktengestützte Entscheidungen treffen. Aus diesem Grunde sollte man sein Handeln nicht nur auf unbewusste Voreingenommenheit stützten, ansonsten könnten schwerwiegende Fehler die Folge sein! Dies hat der israelische Wirtschafts-Nobelpreisträger D. Kahneman [„Thinking, fast and slow“, Penguin Verlag, ISBN 978-0-1410-3357-0] eindrucksvoll beschrieben.
Als Affektheuristik bezeichnet man die emotionale Reaktion durch persönliche Vorurteile. Man lässt nur den ersten Eindruck zu und zeigt sich resistent gegenüber weiteren Gegebenheiten.
Durch die sog. Bestätigungsfehler untermauert man seine vorgefertigten Ansichten, in dem nur eine selektive Auswahl an Informationen zulässt und andere ignoriert bzw. diese als Fehlinformationen bewertet. Als nächstes interpretiert man die Auswahl der Informationen nur in der Weise, die bereits die getroffene Bewertung unterstützt. Aus dem Gedächtnis werden schließlich nur diejenigen Fakten abgerufen, die den eigenen Erwartungen entsprechen.
Der Halo-Effekt wirkt sich auf die Einschätzung von weiteren konkreten Eigenschaften aus. Aufgrund von positiven Erfahrungen in einem Bereich schätzt man jemanden für nahezu alle Bereiche als geeignet ein. Dies gilt selbstverständlich auch im Negativen. Wenn jemand eine gewisse Aufgabe nicht erfüllt, so sei er für jegliche andere Arbeiten ebenfalls nicht geeignet. Es entsteht das stereotypische Denken, das sog. „Schubladen-Denken“ [siehe The Royal Society: „Understanding unconscious bias”].
Auch gibt es eine Beeinflussung durch Ähnlichkeiten, so dass man Personen bevorzugt, die einem selbst ähnlich sind und deren Fehler man leichter ignoriert. Auf der anderen Seite werden Fehler von andersartigen fokussiert. Häufig haben Menschen die Einstellung: „Das Ähnliche ist sicher – das Andersartige bedrohlich.“ [siehe hierzu auch Banaji, Mahazarin R. & Anthony G. Greenwald: „Blindspot: Hidden Biases of Good People“, Delacorte Press Verlag, ISBN 978-0-5538-0464-5 sowie PsyCuriosity: „Vorurteile und Stereotype – einfach erklärt“].
Diese Einstellung findet man leider besonders häufig, wenn es um haarlose Katzen geht! Tun Sie das bitte nicht, lassen Sie sich von wissenschaftlichen Fakten leiten – nicht von unbewusster Voreingenommenheit!

Mit freundlicher Genehmigung von Christoph Riedel – Berlin